Rubrik im PS: | Universitätsallianz Ruhr / Research Alliance Ruhr |
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„ONE HEALTH RUHR“
Spitzenforschung im Revier: Das lässt Krebspatienten hoffen
Essen. Start für ein Millionenprojekt im Ruhrgebiet: 14 Fachleute arbeiten unter einem Dach. Wie hängen Gesundheit und Umwelt zusammen?
Von Stephanie Weltmann
Redakteurin Politik/Wirtschaft
Der Hirnforscher Onur Güntürkün ist einer der Gründungsdirektoren des ersten „Research Centers One Health Ruhr“, an dem Fachleute aus Medizin, Neuro- und Umweltwissenschaften zusammen zu den Zusammenhängen von Gesundheit und Umwelt forschen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Der Hirnforscher Onur Güntürkün ist einer der Gründungsdirektoren des ersten „Research Centers One Health Ruhr“, an dem Fachleute aus Medizin, Neuro- und Umweltwissenschaften zusammen zu den Zusammenhängen von Gesundheit und Umwelt forschen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Wer an Krebs erkrankt, der will es genau wissen: Welche Nahrungsmittel sollte man meiden, welche ganz gezielt zu sich nehmen, und bei welchen Umweltchemikalien muss man vorsichtig sein?
Die renommierte Zellbiologin Prof. Kathrin Thedieck forscht zu diesen Fragen und hat dafür einen Rahmen gewählt, der bundesweit seinesgleichen sucht: Die Krebsforscherin mit internationalem Ruf gehört zum Team des neuen Spitzenforschungszentrums „Research Center One Health Ruhr“, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen und Revier-Universitäten zusammen herausfinden wollen, wie Gesundheit und Umwelt ineinandergreifen.
Hilfe für Krebspatienten: Welche Nahrungsmittel vermeiden?
Am Beispiel der Krebsforschung heiße das: „Wir arbeiten mit Kollegen zusammen, die kartieren, wo in Gewässern bestimmte Chemikalien vorkommen und in welchen Lebensmitteln sie damit auftreten“, erklärt Thedieck, Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg/Essen. „Diese Ergebnisse wollen wir nutzen und verstehen, wie bestimmte Chemikalien den Tumorstoffwechsel verschieben können“, sprich: wie sich Chemikalien auf einen Tumor, dessen Wachstum und eine Krebstherapie auswirken.
Die Zellbiologin Kathrin Thedieck will herausfinden, wie Umweltgifte miteinander reagieren und eine Krebstherapie beeinflussen. Sie forscht dazu zusammen mit Kollegen aus anderen Fachrichtungen am Research Center One Health Ruhr. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Die Zellbiologin Kathrin Thedieck will herausfinden, wie Umweltgifte miteinander reagieren und eine Krebstherapie beeinflussen. Sie forscht dazu zusammen mit Kollegen aus anderen Fachrichtungen am Research Center One Health Ruhr. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich
Denn dazu wisse man noch zu wenig, so die Zellbiologin, ebenso wenig dazu, wie bestimmte Umweltgifte auch in geringerer Dosis miteinander reagieren. „Am Ende der Forschung könnten ganz einfache Vorhersagen stehen“, sagt Thedieck. „Wir hoffen zum Beispiel sagen zu können, wo man welche Nahrungsmittel während einer Therapie meiden sollte und welche man ganz spezifisch zu sich nehmen kann.“
Forscher sollen gezielt über den Tellerrand ihrer eigenen Expertise gucken
Es ist dieser fachübergreifende Blick auf ein Problem, der das neue Forschungszentrum One Health Ruhr auszeichnen soll. Es umfasst drei Disziplinen: die Wasserforschung, die Neurowissenschaft und die Onkologie. Alle drei seien miteinander verknüpft, sagt Onur Güntürkün, Professor für Biopsychologie an der Ruhr-Universität Bochum.
„Unser Gehirn ist nicht nur in der Lage, unser gesamtes Denken zu organisieren. Es reagiert gleichzeitig auch auf viele Signalmechanismen aus unserem Körper, die im Zuge von Krebserkrankungen oder anderen Umwelt assoziierten Prozessen auf unser Gehirn einwirken“, so der Hirnforscher, der auch einer der Gründungsdirektoren ist. Gesundheit müsse als Querschnittsthema gedacht werden - genau das sei das Ziel des „Research Center One Health Ruhr“. Dort sollen 14 Professorinnen und Professoren aus Biologie, Chemie, Medizin, Neuro- und Umweltwissenschaften zusammenarbeiten, acht sind bereits berufen.
Drei weitere Forschungszentren: Land gibt über 120 Millionen Euro für Forscherallianz
Das Zentrum ist eines von vieren, mit denen die Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg/Essen ihre gemeinsame Spitzenforschung stärken wollen. Seit 2021 arbeiten die drei Hochschulen als Allianz, ihre gemeinsame Forschung wird als ein Ergebnis der sogenannten Ruhrkonferenz des früheren Ministerpräsidenten Armin Laschet gesehen. Das Land NRW unterstützt das Forschungs-Engagement mit über 120 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025.
Zur Eröffnung des ersten „Research Centers“ am Montag erinnerte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) daran, dass mit der Ruhr-Universität Bochum vor 60 Jahren die erste größere Hochschulansiedlung auf dem Gebiet Nordrhein-Westfalens seit dem 19. Jahrhundert gelang. Heute sei die Region die dichteste Forscherregion Europas.
„Wir gucken etwas schüchtern auf diese Stärke. In den USA sagen sie mir, wir sind das Kalifornien Deutschlands“, so der Landeschef wohl mit Blick auf den dortigen Innovationstreiber Silicon Valley. In keiner vorherigen Generation hätten Menschen über so viel Wissen und Fähigkeiten verfügt, um die Probleme der Zeit zu lösen, so Wüst. „Das ist ein großes Privileg, so viele Chancen durch Wissen zu haben.“
Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) ergänzte: „Der Kohleabbau hat den Menschen im Ruhrgebiet und in ganz Deutschland zu großem Wohlstand verholfen“, so die Ministerin. „Heute sorgt der Rohstoff Forschung und Wissenschaft für gute Arbeit, Wohlstand und soziale Sicherheit.“
Emscherumbau: Forschung zu Einsamkeit
Noch arbeiten die Forschenden nicht an einem gemeinsamen Zentrum. Der Bau eines neuen Gebäudes verzögere sich, heißt es aus dem Kreis der Aktiven. Die Kooperation fange aber jetzt an. Ein Forschungsprojekt soll dabei auch die neue Emscher sein.
Die Renaturierung der früheren Köttelbecke bietet aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Chance für mehr soziales Miteinander. Einsamkeit wird als ein Thema dieser Zeit verstanden, von dem vor allem ärmere Menschen betroffen sind. Dazu soll geforscht werden.