Rhein-Sieg-Anzeiger (Tageszeitung) vom 29.10.2024, S. 2 (Tageszeitung / täglich außer Sonntag, Siegburg)
Rubrik im PS: | Geisteswissenschaften / Gesellschaftswissenschaften / Politikwissenschaften / Bildungswissenschaften |
Autor: | LARS NICOLAYSEN |
Auflage: | 9.886 |
Reichweite: | 23.034 |
Japans Premier kämpft um seine Macht
Japans Premier kämpft um seine Macht Konservative Regierungspartei LDP verliert wegen eines Spendenskandals bei der Parlamentswahl Mehrheit im Unterhaus VON LARS NICOLAYSEN Tokio. Japans konservativer Ministerpräsident Shigeru Ishiba kämpft um den Machterhalt: Bei der Wahl zum Unterhaus des Parlaments hat seine Regierungskoalition die Mehrheit verloren. „Die nationale Politik darf nicht einen Moment lang stagnieren“, sagte der 67-Jährige. Seine Liberaldemokratische Partei LDP begann im Vorfeld einer Sondersitzung des Parlaments zur Wahl des nächsten Ministerpräsidenten Gespräche mit möglichen Partnern aus dem Oppositionslager. Trotz starker Zugewinne der größten Oppositionspartei, der Konstitutionellen Demokratischen Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, rechnen politische Beobachter zumindest vorerst mit keinem Regierungswechsel.
Die Regierungskoalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito stürzte bei der Unterhauswahl von 288 Sitze auf 215 der insgesamt 465 Sitze zählenden Kammer ab. Es ist das erste Mal seit 15 Jahren, dass die Koalition keine Mehrheit mehr im Unterhaus hat.
Hauptgrund für das Wahldebakel war die Wut der Wählerinnen und Wähler über einen Parteispendenskandal der LDP. Die Partei regiert das mit Deutschland zur G7 gehörende Land seit Jahrzehnten fast ununterbrochen.
Der Erfolg von Nodas Oppositionspartei zeige dem Wahlvolk, dass es jetzt eine Alternative zur LDP gebe, sagte Axel Klein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen. Dies könne sich schon im nächsten Jahr bei der Wahl zum Oberhaus auszahlen, sagte der Japan-Experte. " Die nationale Politik darf nicht einen Moment lang stagnieren Shigeru Ishiba Ministerpräsident in Japan Diesmal sei ein Regierungswechsel jedoch noch nicht zu erwarten. Vielmehr dürfte die LDP von Regierungschef Ishiba versuchen, die oppositionelle konservative Demokratische Partei für das Volk mit an Bord zu holen. Die konnte ihre Sitzzahl auf 28 vervierfachen. Mit ihr käme das Koalitionslager wieder auf eine Mehrheit im Unterhaus. Ishiba hatte erst am 1. Oktober die Nachfolge von Fumio Kishida angetreten. Nur acht Tage später löste Ishiba das Unterhaus in der Hoffnung auf, sich bei den Neuwahlen am Sonntag das Mandat der Wähler zu sichern. Der Politikveteran hat sich jedoch verrechnet. Der Chef für Wahlstrategie der LDP, Shinjiro Koizumi, übernahm die Verantwortung und trat zurück. Das Parlament muss nun innerhalb von 30 Tagen zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um dann beide Kammern über den künftigen Ministerpräsidenten abstimmen zu lassen. Schwere Niederlage: Japans Regierungschef Shigeru Ishiba hat die Mehrheit im Unterhaus verloren. Foto: Kim Kyung-Hoon/Getty