Rubrik im PS: | Naturwissenschaften / Medizin |
Autor: | k.A. |
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Apotheken-Nachrichten von heute: Krisenbewältigung und Zukunftsgestaltung
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(PresseBox) ( Karlsruhe, )
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CGRP-Antikörpertherapie: Neuer Hoffnungsschimmer für Migränepatienten ohne Entzugszwang
Eine retrospektive Studie des Universitätsklinikums Essen hat neue Einblicke in die Behandlung von Migränepatienten mit einem Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch (Medication Overuse Headache, MOH) geliefert. Die Untersuchung zeigt, dass eine Migräneprophylaxe mit CGRP-Antikörpern auch dann wirksam ist, wenn kein vorheriger Entzug der Akutmedikation stattfindet - ein Ansatz, der bisher eher unkonventionell war.
MOH ist eine Folge des übermäßigen Gebrauchs von Schmerz- und Migränemitteln und betrifft weltweit etwa 0,7 bis 1% der Bevölkerung. Betroffen sind insbesondere Personen, die mehr als zehn Tage pro Monat an Migräne oder Spannungskopfschmerzen leiden. Zu den weiteren Risikofaktoren zählen unter anderem weibliches Geschlecht, Stress, niedriger sozialer Status und psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen.
Die herkömmliche Behandlung von MOH sah vor, dass Patienten zunächst einen Entzug von Schmerzmitteln durchlaufen, bevor eine langfristige Migräneprophylaxe begonnen wird. Doch dieses Vorgehen wurde in der Essener Studie hinterfragt. 291 Patienten wurden in vier Gruppen unterteilt, abhängig davon, ob sie an episodischer oder chronischer Migräne mit oder ohne Medikamentenübergebrauch litten. Die Studie setzte bei allen Patienten eine Migräneprophylaxe mit einem der drei CGRP-Antikörper Erenumab, Fremanezumab oder Galcanezumab an - und das ohne vorangehenden Entzug der Akutmedikation.
Die Ergebnisse sind beeindruckend: In allen vier Gruppen konnten sowohl die Anzahl der monatlichen Kopfschmerztage als auch die Tage mit Akutmedikation signifikant reduziert werden. Besonders bemerkenswert ist, dass 60,6% der Patienten mit chronischer Migräne und MOH nach der Behandlung nicht mehr die Kriterien für MOH erfüllten. In der Gruppe der Patienten mit episodischer Migräne war der Erfolg sogar noch höher, hier betrug die Erfolgsrate 88,6%. Rückfälle traten lediglich bei 15,4% der chronischen MOH-Patienten auf.
Die Studie zeigt, dass die CGRP-Antikörpertherapie eine vielversprechende Option für Patienten mit MOH darstellt, selbst wenn kein Entzug der Akutmedikation durchgeführt wird. Diese Erkenntnis könnte die Behandlungspraxis grundlegend verändern. Apotheken und Kopfschmerzspezialisten könnten in Zukunft eine zentrale Rolle dabei spielen, diese neue Therapieform in die Praxis umzusetzen und damit die Lebensqualität von Migränepatienten nachhaltig zu verbessern.
Die Ergebnisse der Essener Studie könnten einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von Migränepatienten mit Medikamentenübergebrauchskopfschmerz einleiten. Lange Zeit galt der Entzug von Schmerzmitteln als unverzichtbarer erster Schritt, bevor eine wirksame Migräneprophylaxe eingeleitet werden konnte. Doch die aktuelle Forschung zeigt, dass es auch anders geht - und das mit beeindruckenden Erfolgen.
Die Möglichkeit, CGRP-Antikörper ohne vorherigen Entzug der Akutmedikation einzusetzen, bietet nicht nur eine neue Behandlungsoption, sondern auch eine enorme Erleichterung für die betroffenen Patienten. Für viele Migränepatienten ist die Vorstellung eines Entzugs eine erhebliche Hürde, die sie von einer notwendigen Prophylaxe abhält. Die Aussicht, diesen Schritt möglicherweise umgehen zu können, dürfte vielen Betroffenen neuen Mut geben.
Natürlich bleiben Fragen offen. So wird es wichtig sein, langfristige Daten zu sammeln und zu überprüfen, ob die positiven Effekte der CGRP-Antikörpertherapie ohne Entzug auch über Jahre hinweg anhalten. Zudem muss der Rückfallanteil von 15,4% genau beobachtet werden, um herauszufinden, welche Faktoren hierbei eine Rolle spielen.
Dennoch: Die Studie zeigt, dass Innovation und Mut zu neuen Wegen in der Medizin zu erheblichen Fortschritten führen können. Für Migränepatienten, die oft über Jahre hinweg unter starken Schmerzen leiden, könnte diese neue Behandlungsmethode einen echten Wendepunkt darstellen. Es bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnisse aus Essen schnell den Weg in die breite Versorgung finden.