Rubrik im PS: | Hochschule Weihenstephan-Triesdorf - HSWT |
Auflage: | 10.367 |
Reichweite: | 22.496 |
Ressort: | Lokales |
Deutsche Brau-Talente überzeugen
Genuss Zum Fachsimpeln trafen sich 60 angehende Brauerinnen und Brauer samt Lehrpersonal in der Versuchsbrauerei des Instituts Romeis. Warum es dabei nicht trocken zuging.
VON WOLFGANG DÜNNEBIER
Oberthulba - In der Versuchsbrauerei des Institutes Romeis wird im Auftrag von Biererzeugern wissenschaftlich nüchtern nach idealen Brauprozessen geforscht. Am 7. März ging es im Veranstaltungssaal zwischen Büros und Laboren ausgelassener zu. Schließlich galt es, eine Premiere zu feiern. Zum Semester-Ende der bundesweiten Brauinstitute bescherte die erste Preisverleihung des neu geschaffenen Wettbewerbs "Brautalente der Peter-Romeis-Stiftung" den Teilnehmern ein Gemeinschaftserlebnis. Der Wettbewerb soll zu einer festen Einrichtung werden. Zur Teilnahme aufgerufen waren 2023 Hochschulen und Brauschulen, die über eine eigene Kleinbrauerei verfügen. Elf der bundesweit 16 Lehrinstitutionen für die Ausbildung von Brauern, Brauerinnen, Ingenieuren und Ingenieurinnen, Bachelors und Masters entsandten Teams.
Woher kamen die Teilnehmer?
Vertreten waren die Berufsschule Kulmbach, das Schulzentrum am Rübekamp Bremen, das Fritz-Hensler Berufskolleg Dortmund, die Städtische Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe München, die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die Technische Universität München, die Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei aus Berlin, die Technische Universität Berlin sowie die Hochschulen Geisenheim, Fulda und Ostwestfalen Lippe.
Worum ging es bei dem Wettbewerb?
Viererteams widmeten sich an ihren Heimatinstituten der Aufgabe, ein Märzen zu entwickeln und abzufüllen. Vorgegeben waren von der Stiftung analytische Eckdaten, wie Farbe und Bitterkeit, um eine Vergleichbarkeit zu erreichen. Die Teilnehmer mussten passende Flaschen wählen und Etiketten entwerfen. Zur Analyse mussten dann jeweils 25 Flaschen der Kreationen nach Oberthulba eingesandt werden.
Wer hat das Bier verkostet?
Biersommelier-Weltmeister Karl Schiffner aus Österreich hatte im vergangenen Herbst alle Wettbewerbsbiere verkostet. Seine Berufung kam nicht von ungefähr: Der Experte betreibt mit seiner Frau in Aigen-Schlägel (Oberösterreich) ein Biergasthaus mit 150 Sorten. Schiffner hatte sich 2009 in Sonthofen unter 50 Teilnehmern als erster Biersommelier-Weltmeister durchgesetzt.
Wie schnitten die beteiligten Biere ab?
Sein Urteil nach den Geschmackstests war eindeutig. "Talent haben Sie alle", würdigte der Bierexperte das Abschneiden der Wettbewerber bei der Siegerehrung im vollbesetzten Hörsaal. Der Vergleich in Oberthulba sei etwas Besonderes, findet Schiffner. Dabei gehe es nicht in erster Linie darum, die besten Biere herauszuholen, sondern auch die Arbeit, die dahintersteckt, mit dem Gesamtkonzept und der Teamarbeit zu würdigen.
Woran erkennt man ein gutes Märzenbier?
Bei dieser Frage wird der Experte fachlich. Bei einem guten Märzen empfinde man eine Harmonie von einem Malzkörper, der nicht zu aufdringlich ist und auch Karamell-Süße beinhaltet. Märzen zeichne sich durch eine größere Vollmundigkeit aus, ohne zum Schluss im Abgang zu süß zu sein.
Wie trinkt man ein Märzen richtig?
Die Glaswahl ist wichtig und die Temperatur ist auch entscheidend, verrät der Verkostungs-Spezialist. Er empfiehlt bei Märzen eine Temperatur von sechs bis acht Grad und eine großräumigere Tulpe, ein anderes elegantes Glas mit wenig Glasstärke oder einen Krug.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
In den Lehrinstituten sei der Nachwuchs vorhanden. Der Biersommelier hat keine Sorge, dass es daran in den nächsten Jahren mangeln könnte.
Wie sind die Aussichten im Braugewerbe?
Hier sprechen Peter Romeis als Gründer der Romeis-Stiftung und Kurt Schiffner von einer angespannten Situation als Folge sinkender Betriebserlöse. Interessanterweise steige in südlichen Ländern, wie Spanien, Italien und Portugal der Bierkonsum. Das sei anders als im deutschsprachigen Raum, wo es im Vorjahr einen Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs um fünf Prozent gegeben habe. Was sinkende Betriebserlöse angeht, nennt Kurt Schiffner einen Grund. Oft werde das Bier zu billig angeboten und erfahre somit nicht die gebotene Wertschätzung. Ändern könnte das alle, die Bier trinken selbst, indem sie den Gerstensaft vor dem Trinken im Glas "ansprechen", das heißt, genau betrachten, riechen und schmecken.
Es gebe kein vielfältigeres Getränk als das Bier, von einem Alkoholgehalt von 0 bis 67,4 Prozent, schwärmt der Fachmann.
Wie geht es nach dieser Premiere mit dem Talentwettbewerb weiter?
Der Wettbewerb soll auch in den kommenden Jahren die Wertschätzung des Bieres vertiefen, und einen Beitrag zur Qualitätssicherung liefern, umreißt Peter Romeis das Ziel. Vor Probleme stelle es die Branche, sinkenden Absatz über Sonderangebote wettmachen zu müssen. "Das sei nicht das, was die Branche auf Dauer am Leben hält", warnt Romeis.
Wer hat den Vergleich gewonnen?
Der mit 3000 Euro dotierte Hauptpreis ging an das Viererteam der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, der zweite Preis (2000 Euro) an das Fritz-Henßler-Berufskolleg (Dortmund) und der dritte Preis (1000 Euro) an die Hochschule Fulda. Den Sonderpreis für die beste Einzelleistung holte Teresa Oberbacher von der Städtischen Berufsschule für das Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe München.