Fränkische Landeszeitung, Ansbacher Tageblatt vom 08.03.2024, S. 8 (Tageszeitung / täglich außer Sonntag, Ansbach)
Rubrik im PS: | Hochschule Weihenstephan-Triesdorf - HSWT |
Autor: | (pz) |
Auflage: | 15.519 |
Reichweite: | 33.676 |
Quellrubrik: | Westmittelfranken |
Viele Baulücken sind für die Nachkommen gedacht
Forscherinnen der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf befragten in Wolframs-Eschenbach, Neusitz und Uehlfeld Grundstückseigentümer zum Thema Nachverdichtung
Von (pz)
TRIESDORF – Die Bekämpfung von Leerstand und die Nachverdichtung von Orten im ländlichen Raum rücken bestehende Baulücken in den Fokus. Ein Forschungsprojekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) untersuchte anhand von drei Gemeinden in Westmittelfranken die Aspekte, die der Innenentwicklung im Wege stehen.
Die Europäische Union und die Bundesregierung streben bis 2050 laut einer Pressemitteilung der Hochschule einen Netto-Null-Flächenverbrauch an. Das heißt, keine weiteren Flächen sollen netto für Siedlungs- und Verkehrszwecke beansprucht werden. Besonders in ländlichen Regionen sind dabei die vorhandenen Baulücken von Bedeutung. Eine dreijährige HSWT-Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Jennifer Gerend und Marina Beck analysierte, warum Eigentümerinnen und Eigentümer ihre Flächen nicht entwickelt haben.
In ihrer Studie unterschieden die Forscherinnen zwischen vier Siedlungstypen: historische Ortskerne, Nachkriegssiedlungen, 1980/90er-Jahre-Siedlungen und Neubaugebiete ab dem Jahr 2000. Anonym befragt wurden 1417 Eigentümerinnen und Eigentümer in den Kommunen Wolframs-Eschenbach, Neusitz und Uehlfeld zu ihrer Sichtweise zu Privateigentum und zur Ortsentwicklung.
Viele Eigentümer von Baulücken gaben dabei an, Grundstücke für ihre Nachkommen zurückzuhalten. Vermehrt dienen die Baulücken auch als Grünflächen. Von Verkauf ist nur selten die Rede.
Bei allen Siedlungstypen gab es eine starke Zustimmung zur Erhaltung älterer Gebäude. "Dies gibt der Innenentwicklung und entsprechenden Maßnahmen in den Kommunen einen starken Rückhalt. Sanierungen werden in der Bevölkerung geschätzt", betont Professorin Gerend. Insgesamt 45 Gemeinderatsmitglieder und Bürgermeister aus den drei Kommunen nahmen an einer Online-Umfrage teil. Sie befürworteten demnach eine Mischung aus Neubaugebieten und Nachverdichtung.
Abbildung: Der Ruf nach Nachverdichtung ist vor allem im ländlichen Raum deutlich vernehmbar. Doch viele Eigentümerinnen und Eigentümer von Bauland wollen dieses laut einer Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf für ihre Kinder und Enkelkinder zurückhalten.
Foto: HSWT/Marina Beck
Jedoch tendierten Grundstückseigentümer in den neueren Siedlungen zu einer individualistischeren Einstellung als in den Ortskernen.
Unter anderem wurden diese zum Einfluss ihres Privateigentums auf die Ortsentwicklung befragt: "Was ich mit meinem Grundstück mache, hat Einfluss auf die Ortsentwicklung." Die größte Diskrepanz zeigte sich bei dieser Frage in Neusitz. In den Altorten stimmten 70,7 Prozent dieser Frage zu, in den Neubaugebieten 51,9 Prozent. In Wolframs-Eschenbach beträgt der Unterschied 16,9 Prozent und in Uehlfeld 14,3 Prozent zwischen den Altorten und den Neubaugebieten.
Basierend auf der Studie schlagen die Forscherinnen eine dementsprechend maßgeschneiderte Unterstützung für Baulücken-Eigentümer vor. Dazu gehören unter anderem auch langfristige Pachtoptionen oder Landtausch. Zentral gelegene Mehrfamilienhäuser könnten zudem für die allgemeine Bevölkerung, insbesondere für Senioren, als kleinere Wohneinheiten dienen. Zusätzlich sollte die Grünflächenplanung mitberücksichtigt werden: ältere Baulücken, die begrünt sind, könnten als Parks oder Grünanlagen bewertet werden.