Pressespiegel, 16.01.2025

Inhaltsverzeichnis

1. 6K-Klinikverbund Schleswig-Holstein
1.1. Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster

"In Neumünster sieht man als Notarzt alles"

Holsteinischer Courier (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 18 ● Auch in: shz.de

Menschen im Einsatz Vom Herzinfarkt bis zum geklemmten Finger – was Björn Loof als Retter so alles erlebt

1.2. WKK - Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide

Vorsorge rockt: Patientennetzwerk gegründet

Wedel-Schulauer Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 31

Auf seine Initiative hin ist kürzlich der Verein Netzwerk Patientenkompetenz gegründet worden, der nun von den Beteiligten im Westküstenklinikum (WKK) in Brunsbüttel vorgestellt wurde.

Rekordzahl bei Helikopteranflügen

Sonntags Anzeiger für Dithmarschen (Anzeigenblatt) vom 12.01.2025, S. 1

Die Westküstenkliniken sind noch nie so häufig von einem Hubschrauber angeflogen worden wie 2024.

2. Wettbewerber

1000 Unterschriften für mehr Geld

Hamburger Abendblatt, Norderstedt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 21

Segebergs Landrat Jan Peter Schröder bekam am Montag Besuch von der Abordnung der Gewerkschaft Verdi. Kurz vor dem Verhandlungsauftakt zur Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen am 24. Januar übergaben Mitarbeitende der Städte Bad Segeberg und Neumünster, dem Wege-Zweck-Verband aus Bad Segeberg, den Stadtwerken aus Norderstedt und den Regio Kliniken aus Elmshorn 1000 Unterschriften aus den Betrieben.

Post-Covid-Probleme: Beratungsbedarf ist hoch

Kieler Nachrichten (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 12

Kassenärztliche Vereinigung legt neue Zahlen zur ambulanten Behandlung Betroffener vor - Initiative spricht heute im Landtag.

Hoffen auf Heilung eines Zivilisationsleidens

Flensburger Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

Diese Störungen des Immunsystems zählen nicht nur zu den häufigsten chronisch-entzündlichen – "sie nehmen auch zu", sagt Professor Philip Rosenstiel, Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.

PerPrev-CID

Forschungsprojekt unter Kieler Federführung

Flensburger Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

Partner sind neben der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, der European Research and Project Office GmbH (EURICE) und dem UKSH, Campus Kiel, Einrichtungen in den Ländern: Belgien, Israel, Italien, Litauen, Niederlande, Schweiz, Großbritannien.

Von Kissen bis "Hospiz-Glucken"

Ostholsteiner Anzeiger (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 15

Heute geht es der 68-Jährigen nach der Behandlung im UKSH in Lübeck glücklicherweise wieder gut.

3. Regionale Themen

Medizin der Zukunft: Fraunhofer-Einrichtung bekommt hohe Förderung

Lübecker Nachrichten, Hansestadt Lübeck (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 10

Ministerpräsident Daniel Günther kam persönlich vorbei - Am Lübecker Standort wird modernste Technik entwickelt

Rettungsdienst stellt sich neu auf

Lübecker Nachrichten, Bad Schwartauer Nachrichten (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 11

Mehr Notfall- und Krankentransporte in Ostholstein - ASB mit anderen Aufgaben in der Region aktiv

4. Gesundheitsbranche national

Gesundheit

Sicherheitsbedenken bei Patientenakte

Handelsblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 9

Erste Praxen testen die elektronische Patientenakte. Gravierende Sicherheitslücken sind offenbar nicht geschlossen.

Ungerecht verteilt

Zeit, Die (Wochenzeitung) vom 16.01.2025, S. 15

Carla Neuhaus über die Kostenexplosion im Gesundheitswesen: "Kassensturz".

Schutz für Kliniken

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

EU-Kommission stellt erste Initiativen vor

Artikel

1. 6K-Klinikverbund Schleswig-Holstein
1.1. Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster

Holsteinischer Courier (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 18

"In Neumünster sieht man als Notarzt alles"

Menschen im Einsatz Vom Herzinfarkt bis zum geklemmten Finger – was Björn Loof als Retter so alles erlebt

Benjamin Steinhausen

Björn Loof (42) lebt im Kreis Plön und arbeitet seit 2017 als Notarzt in der Rettungswache der Berufsfeuerwehr Neumünster. In unserer Reihe "Menschen im Einsatz" erzählt er, wie er zu dem Beruf gekommen ist, was er daran besonders mag – und welche Schattenseiten es gibt.

Wo arbeiten Sie, wenn Sie nicht als Notarzt auf den Straßen von Neumünster im Einsatz sind?

Seit 2015 arbeite ich als Anästhesist im Friedrich-Ebert-Krankenhaus. Seit 2017 habe ich meinen Schein, um als Notarzt im Dienst sein zu können. Die 12- oder 24-Stunden-Notarzt-Dienste stehen dann ganz normal in meinem Dienstplan. Ich fahre nicht nur in Neumünster und im Umland Einsätze, sondern als Honorararzt auch im Kreis Plön.

Wie sind Sie denn überhaupt in den medizinischen Bereich gekommen?

Das war eigentlich mehr Zufall. Ich wollte immer Pilot werden. Meinen Zivildienst habe ich dann beim Rettungsdienst gemacht und in dem Zuge eine Ausbildung zum Rettungsassistenten. Spaßeshalber habe ich mich für ein Medizinstudium beworben und wurde zugelassen. Während meines Studiums habe ich als Rettungsassistent gearbeitet. Das alles hat meinen Weg geebnet. Um als Notarzt arbeiten zu können, muss man schon mindestens zwei Jahre als Arzt tätig gewesen sein. Ich musste an einem Theoriekursus teilnehmen und mindestens 50 Einsätze als zweiter Notarzt begleiten.

Was reizt Sie an der Arbeit als Notarzt?

Mich hat das nicht mehr losgelassen. Es ist ein unglaublich spannender Beruf. Jeder Tag ist anders, ich muss viel und schnell entscheiden und auch mal improvisieren. Notärzte müssen das gesamte medizinische Spektrum abdecken, vom Herzinfarkt bis zum schweren Verkehrsunfall.

Welche Infos haben Sie, wenn Sie eine Alarmierung bekommen?

Oft nur sehr wenige. Zum Beispiel Name, Anschrift und ein Stichwort, wie "Schlaganfall". Nicht selten stellt es sich vor Ort aber ganz anders dar. Anrufer sind ja auch aufgeregt. Wir haben mal die Meldung erhalten, dass irgendwo eine Person liegt. Wir waren mit dem Verdacht auf einen Herzinfarkt hingefahren. Am Ende stellte sich heraus, dass die Person angefahren wurde.

Ist Neumünster denn ein gutes Einsatzgebiet?

In Neumünster sieht man als Notarzt alles. Wir haben ein großes städtisches Gebiet, die Autobahn, Landstraßen, viel Industrie und ein großes ländliches Umland. Das ist ein ganz spannendes Einsatzgebiet.

Gibt es denn auch etwas, das Sie an Ihrem Beruf stört?

Das sind die Bagatell-Einsätze, zu denen wir leider immer häufiger gerufen werden. Viele sehen uns wirklich als Hausarztersatz oder sind mit ihrem Leben schlicht überfordert. Es rufen Leute bei uns an, weil sie Fieber haben oder seit fünf Wochen Rückenschmerzen, aber nie bei ihrem Hausarzt waren. Der Rettungsdienst musste kürzlich rausfahren, weil sich jemand den Finger geklemmt hat. Das ärgert mich, weil es unnötig Ressourcen bindet und wir nicht zu den Menschen fahren können, die uns wirklich brauchen.

Sind es denn eher ältere oder jüngere Bürger, die wegen einer Lappalie den Rettungsdienst anrufen?

Je jünger und urbaner die Menschen sind, desto lockerer sitzt die 112. Ältere warten in der Regel zu lange, bevor sie sich melden.

Werden Ihnen auch mal Aggressionen entgegengebracht?

Ja, in der Regel sind das verbale Aggressionen. Das sind dann häufiger auch die, die uns eigentlich gar nicht brauchen. Wer wirklich krank ist, wem es wirklich schlecht geht, hat gar nicht die Kraft, uns zu beleidigen oder anzugreifen. Oft sind es auch Beistehende oder Angehörige, die uns verbal angehen. Erst einmal hat mich jemand aktiv angegriffen. Er stand unter Medikamenten- und Drogeneinfluss und kam schlagend und tretend auf uns zu.

Holen Sie dann die Polizei zur Unterstützung?

Ja, ganz klar. In einem Fall kamen wir zu einem Einsatzort, bei dem ein junger Mann aus nicht unerheblicher Höhe aus dem Fenster gefallen war. Als wir eintrafen, lag der Patient auf der Erde und um ihm herum standen drei Typen mit Stangen in der Hand. Da steigen wir zu unserer Sicherheit nicht aus, sondern fahren eine Straße weiter und warten auf die Polizei.

Das ist frustrierend.

Total frustrierend. Wir kommen, um zu helfen und können es nicht.

Was sind besonders schöne Einsätze für Sie?

Immer die Einsätze, bei denen wir helfen können. Wenn wir jemanden, der wirklich schwerstverletzt ist, stabil in die Klinik bringen, ist das ein tolles Gefühl für uns, auch wenn es dem Patienten natürlich total schlecht geht in dem Moment. In einem Fall habe ich einen Patienten, den ich als Notarzt in die Klinik gebracht habe, als diensthabender Arzt auf der Intensivstation weiterbetreut bis zur Entlassung. Das war wirklich toll, und häufig bedanken sich auch Patienten bei uns, schreiben uns nette Briefe, das freut uns sehr.

Wie geht es für Sie beruflich weiter?

Neben der Anästhesie möchte ich mich auch auf Intensiv- und Palliativmedizin spezialisieren. Das steht als nächstes an.

Und wenn Sie einen Wunsch hätten, welcher wäre das?

Dass die Menschen wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen. Viele Probleme kann man alleine lösen.

1.2. WKK - Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide

Wedel-Schulauer Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 31

Vorsorge rockt: Patientennetzwerk gegründet

Ziel: Krebs verhindern und Menschen mündig machen – auch das Wacken Open Air ist mit im Boot

Ludger Hinz

Der Brunsbütteler Künstler Jens Rusch (74) setzt sich als selbst Betroffener bereits seit Jahrzehnten für die Unterstützung von Krebspatienten ein. Auf seine Initiative hin ist kürzlich der Verein Netzwerk Patientenkompetenz gegründet worden, der nun von den Beteiligten im Westküstenklinikum (WKK) in Brunsbüttel vorgestellt wurde. Dieser soll im Zusammenwirken mit dem Wacken Open Air (WOA) unter dem Motto "Vorsorge rockt" Ruschs angestoßene Arbeit übernehmen und in Zukunft weiter führen.

Der Künstler schilderte die Beweggründe für die Gründung des Vereins und seine Zusammenarbeit mit dem WOA sowie den drei Kliniken in Itzehoe, Brunsbüttel und Heide: Nach einem leichten Schlaganfall vor einem Jahr habe er gemeinsam mit WKK-Pressesprecher Sebastian Kimstädt überlegt, "dass sich nicht 20 Jahre Vorarbeit einfach in Luft auflösen dürften". Sie wollten die Menschen mündig machen und in Hinsicht auf ihre Krankheit eigene Entscheidungen treffen lassen.

Darmkrebsprävention beim Metal-FestivalEiner der zwei Vorsitzenden ist Martin Blümke, Geschäftsführer der Westküstenkliniken in Heide und Brunsbüttel. Er stellte heraus: "Wir sind damit konfrontiert, Erkrankungen immer erst zu heilen, wenn das Problem schon da ist." Das Gesundheitssystem müsste aber den Fokus dahin lenken, die Krankheit selbst zu vermeiden und besonders den Darmkrebs möglichst frühzeitig verhindern. Auch Jens Reimer, stellvertretender Ärztlicher Direktor am Klinikum Itzehoe und der andere Vorsitzende, warnte: "Unser Ziel muss es sein, gesundheitsbewusstes Verhalten zu verstärken durch Ernährung, Bewegung, gesunden Schlaf und einen verantwortungsbewussten Umgang mit Substanzen wie Alkohol und Tabak."

Man müsse sich auf die Menschen konzentrieren, die noch gesund sind, bei denen sich die Krankheiten aber noch entwickeln können, so Thomas Thomsen, Klinikleiter in Brunsbüttel, der als Regionalvertreter für die Stiftung Lebensblicke in der Darmkrebsprävention tätig ist. Es sei eine jahrzehntelange Entwicklung beim Darmkrebs, bis ein kleiner Polyp wächst und bösartig ist. Die Vorsorgearbeit fließe auch bei der Arbeit im Informationspavillon auf dem WOA ein.

Um die Aufklärung im wahren Wortsinn greifbar zu machen, stellten die Beteiligten ein großes Darmmodell vor. Das hatte der Künstler Reiner Götsche im Auftrag der Wattolümpiade, die 2024 letztmalig ausgetragen worden war, geschaffen; unter fachlicher Überwachung von Thomsen. Man kann das Modell öffnen, hinein schauen, ertasten und die relevanten Komponenten per Hand herausnehmen – und es wird auch beim Metal-Festival im Sommer in Wacken zu sehen sein.

Sonntags Anzeiger für Dithmarschen (Anzeigenblatt) vom 12.01.2025, S. 1

Rekordzahl bei Helikopteranflügen

Hoch über den Dächern der Stadt landet der Rettungshubschrauber auf dem Landeplatz auf dem WKK. Rekordzahl bei Helikopteranflügen HEIDE (rd) Die Westküstenkliniken sind noch nie so häufig von einem Hubschrauber angeflogen worden wie 2024. Insgesamt 430 Mal setzte ein Rettungshubschrauber oder eine Maschine der Bundeswehr auf dem Landeplatz über den Dächern der Klinik in Heide auf. Das sind statistisch knapp 36 Landungen pro Monat. Und dass, obwohl der Landeplatz im Februar wegen Sanierungsarbeiten gesperrt war. Die hohe Zahl der Anflüge gerade von den Inseln belegt die überregionale Bedeutung der Westküstenkliniken für die Notfallversorgung der schleswig-holsteinischen Westküste. Das Klinikum ist unter anderem als Überregionales Traumazentrum wie auch als Überregionale Stroke Unit zertifiziert. Die häufigsten Anflüge mit 284 Landungen verzeichnete das WKK von den Helikoptern der DRF Luftrettung, gefolgt vom Christoph 67 der ADAC Luftrettung, der seit Juli am Hungrigen Wolf stationiert ist und 67 Mal in Heide landete. Auf den weiteren Plätzen folgen die Offshore-Retter von Northern Helicopter und der Bundesmarine mit 49 und 35 Anflügen.

2. Wettbewerber

Hamburger Abendblatt, Norderstedt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 21

1000 Unterschriften für mehr Geld

Öffentlicher Dienst: Verdi-Tarifaktion in Bad Segeberg

Bad Segeberg Segebergs Landrat Jan Peter Schröder bekam am Montag Besuch von der Abordnung der Gewerkschaft Verdi. Kurz vor dem Verhandlungsauftakt zur Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen am 24. Januar übergaben Mitarbeitende der Städte Bad Segeberg und Neumünster, dem Wege-Zweck-Verband aus Bad Segeberg, den Stadtwerken aus Norderstedt und den Regio Kliniken aus Elmshorn 1000 Unterschriften aus den Betrieben.

Schröder, Vorsitzender des Kommunalen Arbeitgeberverbandes, soll damit klar gemacht werden, dass alle hinter den Verdi-Forderungen stehen. Die verlangen acht Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus von 350 Euro monatlich sowie Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Hinzu kommt die Forderung nach einem flexibel zu nutzendem Arbeitszeitkonto, dem "Meine-Zeit-Konto".

Eine deutliche Erhöhung der Einkommen sei notwendig, damit der öffentliche Dienst auch im Wettbewerb um Arbeitskräfte mithalten könne, so Verdi. "Die Beschäftigten von Bund, Kommunen und kommunalen Unternehmen spüren immer stärker die Folgen von unbesetzten Stellen und Personalknappheit. Daher muss alles getan werden, um den öffentlichen Dienst wieder attraktiver zu machen. Dazu gehören neben mehr Geld vor allem mehr Zeitsouveränität und mehr Entlastung", kommentiert Verdi-Fachsekretärin Annette Falkenberg. HA

Kieler Nachrichten (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 12

Post-Covid-Probleme: Beratungsbedarf ist hoch

Kassenärztliche Vereinigung legt neue Zahlen zur ambulanten Behandlung Betroffener vor - Initiative spricht heute im Landtag

Die Kassenärztliche Vereinigung SH (KVSH) meldet neue Zahlen zu Post-Covid: Frauen sind demnach besonders belastet. Betroffene wollen am Donnerstag, 16. Januar 2025, im Landtag in Kiel über Mängel in der Versorgung in Schleswig-Holstein berichten. Das sind ihre Forderungen.

Fünf Jahre nach dem Beginn der Pandemie spielen das Coronavirus und die Langzeitfolgen von Covid-19 in Schleswig-Holstein weiterhin eine große Rolle. Erstmals liegen konkrete Zahlen vor.

Müdigkeit, Heiserkeit und Schlafstörungen zählen nach einer aktuellen Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) zu den häufigsten Symptomen von mehreren tausend Patienten mit Post-Covid-Diagnose im Norden.

Der Beratungsbedarf ist nach Corona offenbar gewachsen: "Wir spüren die große Betroffenheit in Schleswig-Holstein daran, dass sich in den vergangenen zwei Jahren bei uns die Beratungen und Verfahren zu Langzeitfolgen von Covid-19 dramatisch erhöht haben", berichtet Ronald Manzke, Geschäftsführer im Sozialverband VdK Nord.

Heute ist die Situation von Patienten mit Post-Covid-Syndrom (PCS) und dem Erschöpfungssyndrom ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) bei einer Anhörung im Sozialausschuss Thema im Landtag in Kiel.

Schon im Vorfeld der Anhörung wird Kritik an der medizinischen Versorgung Betroffener in Schleswig-Holstein laut. Nach einer aktuellen Umfrage der Initiative "PiEr" (Post-infektiöse Erkrankungen) unter knapp 200 Erkrankten fühlen sich viele Patienten mit PCS und ME/CFS in SH alleingelassen, unverstanden und mitunter als psychisch krank abgestempelt.

Hausärzte seien "bemüht", oft aber nur unzureichend über die Erkrankung informiert. Eine Folge: "Viel Frust". Der entstehe auch häufig durch monatelange Wartezeiten auf einen Termin in den neuen Ambulanzen für Post-Covid-Patienten am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH).

Barbara von Eltz von der Initiative "PiEr" will darum auf Grundlage der Befragung Wünsche an den Sozialausschuss adressieren. Dazu zählen etwa die finanzielle Unterstützung für die Forschung, eine Integration der Erkrankung in Lehrpläne und Weiterbildung, eine verpflichtende Schulung von Hausärzten, Aufklärung der Bevölkerung, Aufbau von wohnortnahen Versorgungsstrukturen und eine Anerkennung der Erkrankung.

Vertreter der Ambulanzen am UKSH, aber auch anderer Kliniken, sowie von Ärztekammer und Krankenkassen wollen im Sozialausschuss ihre Sicht auf die Versorgung darlegen.

Ein Schlaglicht auf die ambulante Behandlung von Patienten mit Post-Covid-Syndrom in Schleswig-Holstein liefert die KVSH.

Demnach waren im ersten Quartal des Jahres 2024 insgesamt 5307 Männer und Frauen im Norden mit Post-Covid-Zustand ambulant in ärztlicher Behandlung - 0,21 Prozent aller gesetzlich Versicherten.

Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung hatte im vergangenen Jahr Auswertungen zur Zahl der Betroffenen mit einer Post-Covid-Diagnose (ICD-10-Code U09.9!) in Schleswig-Holstein vorgenommen.

Das sind die Erkenntnisse aus der Stellungnahme zu Post-Covid und ME/CFS in SH:

Die höchste Zahl an Patienten wurde im zweiten Quartal 2022 dokumentiert (7878).

73,5 Prozent dieser Betroffenen sind bereits über einen längeren Zeitraum belastet (mindestens zwei Quartale).

Frauen sind überproportional von Post-Covid betroffen.

76 Prozent der Patienten wurden hausärztlich versorgt, 16 Prozent internistisch.

Die häufigsten Symptome von Post-Covid bei Patienten in SH sind Ermüdung/Erschöpfung, Halsschmerzen/Heiserkeit und Schlafstörungen.

In Schleswig-Holstein leiden zusätzlich 4878 gesetzlich Versicherte (Stand erstes Quartal 2024) an einem "chronischen Fatigue-Syndrom".

Aufgrund der vielfach zunächst unspezifischen Symptome ist es aus Sicht der KVSH eine medizinische Herausforderung, Post-Covid- oder ME/CFS-Erkrankungen sicher zu erkennen und zuzuordnen.

Grundsätzlich hält die KVSH es angesichts der persönlichen Belastung für die Betroffenen für wichtig, dass sich alle Akteure in der Gesundheitsversorgung gemeinsam um eine "weitere Verbesserung der Behandlung und Begleitung" dieser Patienten bemühen.

Zitat-Text:

Die Beratungen und Verfahren zu Langzeitfolgen von Covid-19 haben sich dramatisch erhöht.

Ronald Manzke, Geschäftsführer Sozialverband VdK Nord

Ein Patient sitzt in einer Klinik, in der Long-Covid-Patienten behandelt werden, zur Überprüfung seiner Lungenfunktion in einem sogenannten Bodyplethysmographen: Der Sozialausschuss soll sich heute unter anderem mit der Situation von Post-Covid- und ME/CFS-Erkrankten in Schleswig-Holstein beschäftigen.
Fotos: Sina Schuldt/dpa/Peter Himsel

Flensburger Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

Hoffen auf Heilung eines Zivilisationsleidens

Rheumatoide Arthritis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Bis 2030 soll jeder Zehnte in Europa betroffen sein – ein internationales Forscherteam sucht nach einem Weg, um frühzeitig vorbeugen und möglicherweise behandeln zu können

Margitta True

Schmerzende, steife und verformte Gelenke oder Fieber, Bauchschmerzen und Übelkeit: Noch gelten Rheumatoide Arthritis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen als unheilbar. Diese Störungen des Immunsystems zählen nicht nur zu den häufigsten chronisch-entzündlichen – "sie nehmen auch zu", sagt Professor Philip Rosenstiel, Direktor des Instituts für Klinische Molekularbiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel.

Der Mediziner freut sich, dass fünf Jahre Forschung dazu gesichert sind. Von der EU gab es elf Millionen Euro, die Schweiz steuert weitere 2,5 Millionen Euro bei.

Rosenstiel ist wissenschaftlicher Leiter des Projekts "Personalised Disease Prediction and Prevention in Chronic Inflammatory Disorders" (PerPrev-CID), das unter der Federführung des UKSH, der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Exzellenzclusters "Precision Medicine in Chronic Inflammation" (PMI) – einem schleswig-holsteinischen Forschungsverbund – steht. Durchgeführt wird es an 15 internationalen Forschungseinrichtungen in acht Ländern.

Rheumatoide Arthritis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen verursachen chronische Entzündungen. Diese Erkrankungen, sagt Rosenstiel, "gab es vor 150 Jahren einfach so noch nicht". Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie sich entwickelt haben mit der Industrialisierung und der urbanen Lebensweise. Wo diese übernommen werde, kämen auch chronisch-entzündliche Erkrankungen vor, erläutert der Projektleiter.

Europäische Lebensweise

kann krank machenEin Beleg dafür sei China. Hier habe es Mitte der 50er Jahre den ersten Fall von chronisch-entzündlichen Erkrankungen gegeben, berichtet Rosenstiel, "heute sind es Millionen". Selbst Menschen, die aus anderen Ländern mit abweichendem Lebensstil kämen, "entwickeln hier nach 15 Jahren das gleiche Risiko".

Woran das liegt, wissen die Forscher nicht. Faktoren könnten die Ernährung sein, zu viel Hygiene oder die Zusammensetzung des Mikrobioms auf der Darmschleimhaut. "Die Krankheit trifft Menschen mitten im Arbeitsleben", sagt der Institutschef, oft "in einem Alter zwischen 15 und 40Jahren". Selbst in Ländern mit einer guten medizinischen Versorgung kann es ein Jahr dauern, bis die richtige Diagnose bei den Betroffenen gestellt wird.

Ziel ist Prävention: Wann die Chance verpasst istPatienten würden zwar behandelt, könnten aber nicht geheilt werden. Entscheidend für das Team, so Rosenstiel weiter, sei die Phase kurz vor oder nach der Diagnose. Das Ziel ist Prävention, "und das ist das Neue an unserem Projekt: Wir glauben, da noch etwas verhindern zu können". Wenn jedoch schon zehn Jahre lang Entzündungen an Gelenken oder im Darm stattfänden, "dann ist die Chance verpasst, noch entscheidend etwas am Verlauf zu ändern".

Um den Verlauf beobachten zu können, haben die Wissenschaftler Kohorten zusammengestellt von Patienten, die entweder das Risiko für Rheumatoide Arthritis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen in sich tragen oder bereits eine Diagnose erhielten. Basis der Forschung sind die Aufzeichnungen dieser Studienteilnehmer in einem elektronischen Tagebuch oder über eine Art Smartwatch.

Mithilfe dieser Patienten wollen die Wissenschaftler versuchen, innovative Biomarker zu finden, Botenstoffe aus dem Blutkreislauf oder aus betroffenem Gewebe. Damit ließe sich dann zum Beispiel ein bevorstehender Krankheitsschub vorhersehen, ein Fortschreiten der Krankheit. Die Biomarker sollen auch mit Heimtests aus Blut- und Stuhlproben festgestellt werden können.

Auf einzelnen Patienten

abgestimmtDas Prinzip sei ähnlich, wie man es etwa von der Zahl der roten Blutkörperchen im Blutbild kennt, erklärt Rosenstiel. "Das Ziel ist, Ärzten später mit validierten Biomarkern molekulare Entscheidungshilfen an die Hand zu geben, damit sie sich den Patienten näher angucken." Vorbeugung und Behandlung sollen dann individuell abgestimmt werden auf den einzelnen Patienten.

"Es ist nicht wie früher, wo man als Arzt patriarchalisch entscheidet, was richtig ist für den Patienten." Stattdessen berichten die Studienteilnehmer selbst von ihren Einschränkungen im Alltag, um das Krankheitsbild zu vervollständigen. Darüber hinaus würden sie aktiv an der Forschung zu personalisierter Prävention beteiligt.

Koordiniert wird

von Kiel ausUnd wie wird die internationale Forschergruppe von Kiel aus koordiniert? "Das ist relativ unspektakulär", erklärt Rosenstiel. Die Arbeit wurde in Pakete eingeteilt, die jeweils von einer Gruppe betreut werden. In Telefon- und Videokonferenzen erfolgt der Austausch. "Wichtig sind aber auch persönliche Treffen, die Forschungskulturen in Europa zusammenbringen."

Das Projekt ist umso wichtiger, als die Mediziner davon ausgehen, dass chronische Entzündungskrankheiten zunehmen werden. Bis 2030, so die Prognose, sollen mehr als zehn Prozent der europäischen Bevölkerung davon betroffen sein. Das sei mit "erheblichen Belastungen für Betroffene und Gesundheitssysteme verbunden", heißt es vom UKSH. Gleichzeitig bestehe hier "eine erhebliche Versorgungslücke", insbesondere in den Bereichen Prävention und frühzeitige Intervention.

Diese Lücke soll nun geschlossen werden. Professor Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I am UKSH, Campus Kiel, und Sprecher des Exzellenzclusters PMI: "Wenn wir diese Krankheiten wirksamer behandeln wollen, müssen wir neue, einfach anwendbare Methoden finden, um die Gesundheit der Betroffenen frühzeitig positiv zu beeinflussen."

Flensburger Tageblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

PerPrev-CID

Forschungsprojekt unter Kieler Federführung

"PerPrev-CID" steht für "Personalised Disease Prediction and Prevention in Chronic Inflammatory Disorders". In dem internationalen Projekt sollen innovative Methoden entwickelt werden zur Frühdiagnose und personalisierten Prävention von Rheumatoider Arthritis und chronischen Darmerkrankungen. Neue Standards für Diagnostik und Behandlung dieser Krankheiten sollen eine effektivere Versorgung ermöglichen. Partner sind neben der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, der European Research and Project Office GmbH (EURICE) und dem UKSH, Campus Kiel, Einrichtungen in den Ländern: Belgien, Israel, Italien, Litauen, Niederlande, Schweiz, Großbritannien. mtru/Quelle: UKSH

Ostholsteiner Anzeiger (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 15

Von Kissen bis "Hospiz-Glucken"

Initiative "Mützen-Herz" gibt Krebspatienten mit Genähtem neue Hoffnung – und die Helfer werden immer mehr

Jeanette Nentwig

Fünf Jahre ist es jetzt her. Damals erhielt Christiane Fritsch aus Lensahn die Diagnose Brustkrebs. Heute geht es der 68-Jährigen nach der Behandlung im UKSH in Lübeck glücklicherweise wieder gut. Doch damals brach für sie die Welt zusammen. Plötzlich standen da jede Menge Fragen im Raum. Fragen, in denen es um ihr Leben, um ihre Zukunft ging: "Die Konfirmation meines Enkelkinds – werde ich das noch miterleben?", war einer der vielen schweren Gedanken, die ihr damals durch den Kopf gingen.

Im Krankenhaus bekam sie während der Therapie ein sogenanntes Herzkissen geschenkt: ein Kissen in Form eines Herzens, das aufgrund seiner Form nicht nur Trost spendet, sondern vor allem auch einen wichtigen medizinischen Zweck erfüllt. Denn nach einer Brust-Operation kann das Kissen, wenn es unter die Achsel geklemmt wird, entlastend und somit wohltuend wirken. "Natürlich habe ich mich damals sehr über das Kissen gefreut", erinnert sie sich, aber ich weiß auch noch, dass es keine besonders fröhliche Stofffarbe hatte"

Nur wenige Minuten

für ein HerzkissenSo etwas wäre ihr als Hobby-Näherin garantiert nie passiert: Seit 2021 engagiert sich Christiane Fritsch ehrenamtlich bei der Initiative "Mützen-Herz"; sie näht unter anderem Herzkissen für Brustkrebspatientinnen – und natürlich nur aus Stoffen, die bunt und fröhlich sind. Inzwischen benötigt sie zum Nähen eines Herzkissens nur noch zehn bis 15 Minuten, inklusive unsichtbarer "Zaubernaht", damit bloß nichts drückt irgendwo beim Tragen.

"Mützen-Herz" ist eine Initiative, die Astrid Heide aus Heiligenhafen Anfang des Jahres 2020 ins Leben gerufen hat. Die 58-Jährige ist ausgebildete Palliativschwester und arbeitet ehrenamtlich für das Hospiz Eutin. Bei ihren Hausbesuchen bei an Krebs erkrankten Menschen stellte sie immer wieder fest, dass viele Patienten im Alltag Probleme mit ihrem Portkatheter für die Chemotherapie hatten. Der Port, wie er umgangssprachlich genannt wird, ist ein dauerhafter Zugang zu einer Vene und wird meist unterhalb des Schlüsselbeins gelegt. Also genau dort, wo bei Frauen der Riemen der Umhängetasche verläuft oder auch der Anschnallgurt im Auto. "Dieser Druck auf den Port empfinden viele Betroffene als unangenehm."

Außerdem sei ihr bei ihrer Arbeit immer wieder aufgefallen, dass die Menschen, denen aufgrund einer Chemotherapie die Haare ausfallen, nachts über einen kalten Kopf klagten. Eine Wollmütze auf der empfindlichen Kopfhaut sei da jedoch keine Lösung. "Also habe ich mir eines Tages Schnittmuster für kleine und große Herzkissen für den Port oder die Achseln aus dem Internet heruntergeladen und außerdem mit dem Nähen von Mützen aus Jerseystoff begonnen." Es sollte der Startschuss für ihre Aktion "Mützen-Herz" werden. Denn die bunten Herzkissen fanden genau wie die hübschen Stoffmützen reißenden Absatz bei ihren Patienten.

Schnell war klar: Sie kam mit dem Nähen nach Feierabend nicht mehr nach. "Also habe ich überall Aushänge gemacht und nach Hobby-Näherinnen gesucht", berichtet sie. Vom Fleck weg meldeten sich damals 14 Frauen bei ihr. Heute sind es 30 Frauen, die sich nähend, häkelnd und strickend ehrenamtlich für "Mützen-Herz" engagieren. "Das Team ist über ganz Schleswig-Holstein verteilt, von Fehmarn bis Flensburg", freut sich Astrid Heide.

Das Sortiment

wächst stetig Gemeinsam mit dem Team ist gleichzeitig auch das "Sortiment" gewachsen: Neben Herzkissen und sogenannten "Beanies", einer bestimmten Mützenform, gibt es auch Bandanas (Kopftücher), kleine Kissen, die sich zur Druckentlastung unter den Träger des BHs klemmen lassen, Glücksschweinchen, Sorgenwürmchen, Schutzengel und gehäkelte Herzensmenschen, des weiteren Stoffbeutel zum Umhüllen von Infusionspumpen, Stomabeuteln oder Drainagebeuteln, Demenzdecken und Pulswärmer mit kleinen Schleifchen und Knöpfen, an denen Demenzpatienten herumnesteln und sich so etwas entspannen können, sowie Handschmeichler zur Beruhigung beispielsweise für einen MRT-Termin. "Das Sortiment wächst stetig und an Kreativität mangelt es uns garantiert nicht", sagt Astrid Heide.Für die Betroffenen sind die Produkte kostenlosFür die Betroffenen ist all dies kostenlos, sie bezahlen lediglich das Porto, wenn sie über die Homepage von "Mützen-Herz" Produkte bestellen. Viele der Kissen und anderen Dinge finden durch Kooperationen von "Mützen-Herz" mit verschiedenen Kliniken in Ostholstein und Lübeck ihren Weg zu den Patienten. Meist übernehmen bei diesen Kooperationen die Kliniken die Kosten für die Stoffe. "Ich bin selbst verblüfft über unsere Entwicklung", gesteht Astrid Heide. Und auch, wenn die Koordination und Organisation viel Arbeit für sie bedeutet: "Die Motivation, weiterzumachen, sind die wunderbaren und so dankbaren Rückmeldungen der Patienten." Denn das Besondere an all den Dingen ist nicht nur ihre Funktion: Allen Produkten aus dem Sortiment ist deutlich anzusehen, mit wie viel Liebe und Fürsorge sie gemacht worden sind.

Jede Menge positive Resonanz gibt es auch auf die "Hospiz-Glucken", mit denen "Mützen-Herz" die Einrichtung eines neuen Hospizes in Oldenburg unterstützt. Die kleinen bunten Hühner sind das Maskottchen der geplanten Einrichtung, es gibt sie unter anderem in Apotheken und Buchhandlungen gegen eine Spende, und der Erlös geht komplett an den Förderverein. Mehr als 6200 Glucken hätten die fleißigen Näherinnen bereits erstellt. Allein Christiane Fritsch hat inzwischen mehr als 3500 genäht. "Mein Traum wäre eine Wacken-Glucke", spekuliert Astrid Heide in Richtung Zukunft, "die könnte aus einem Stoff mit Gitarren-Muster sein, und dann verteilen wir sie gegen eine Spende auf dem Open-Air-Festival."

3. Regionale Themen

Lübecker Nachrichten, Hansestadt Lübeck (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 10

Medizin der Zukunft: Fraunhofer-Einrichtung bekommt hohe Förderung

Ministerpräsident Daniel Günther kam persönlich vorbei - Am Lübecker Standort wird modernste Technik entwickelt

Bis 2027 soll das Fraunhofer IMTE in Lübeck zu einem Haus der Medizintechnik für ganz Norddeutschland werden. Dafür gab es jetzt vom Land eine Förderung. An welchen Entwicklungen die Forscher gerade arbeiten und welches große Ziel der Standort ins Visier genommen hat.

Das Land Schleswig-Holstein möchte "ein sichtbares Zeichen" setzten und fördert die Lübecker Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik (IMTE) mit 23,8 Millionen Euro. Ministerpräsident Daniel Günther überreichte den Bescheid in den Räumlichkeiten am Mönkhofer Weg.

Es ist die höchste Summe, die der Standort bisher aus Kiel erhalten hat. Bis 2027 soll die Lübecker Einrichtung zu einem Haus der Medizintechnik für ganz Norddeutschland werden.

Während die Studierenden der umliegenden Universität zu Lübeck, der Technischen Hochschule und des Universitätsklinikums an diesem verhangenen Mittag zu ihren Lehrveranstaltungen trotteten, betraten rund 100 festlich gekleidete Gäste den Empfangsbereich des benachbarten Fraunhofer-Standorts.

Schon im Foyer war ein kleiner Teil der Technik aufgebaut, um die sich die Lübecker Einrichtung seit 2020 schwerpunktmäßig kümmert: Moderne Medizinprodukte für Diagnose- und Therapieanwendung.

"Wir betreiben hier Forschung für den Menschen"

Einige Gäste schlichen vor dem offiziellen Teil der Veranstaltung zurückhaltend um die Apparate. Bildschirme, Kästen, weiße Roboterarme mit spitzen Enden - für den Laien zunächst schwer zugänglich.

Doch Prof. Dr. Philipp Rostalski und Prof. Dr. Thorsten M. Buzug, der Direktor und der geschäftsführende Direktor der Lübecker Fraunhofer IMTE, können die abstrakten Geräte kurzerhand ins echte Leben heben: "Wir betreiben hier Forschung für den Menschen", sagt Rostalski.

Das heißt zum Beispiel: Forscherinnen und Forscher arbeiten in Lübeck derzeit an einer Technik, durch die Patientinnen und Patienten bei Schlaganfällen im Rettungswagen schneller passend versorgt werden können.

Beim Vorhaben, diese Technik "marktfähig" zu machen, hätte eine Japanreise des Ministerpräsidenten kürzlich als "Türöffner" gedient. Rostalski hatte als Teil der Delegation, die Günther nach Fernost begleitete, Kontakte zu einem japanischen Unternehmen knüpfen können, mit dem das Lübecker Team jetzt bei der Schlaganfalldiagnostik zusammenarbeitet.

Förderung als finanzieller "Kraftakt"

Neben dem Ziel, "den Menschen gesund zu halten", soll die in Lübeck entwickelte Technik auch helfen, das Medizinsystem insgesamt aufrechtzuerhalten. Dafür entwickelt die Fraunhofer-Einrichtung Roboter, die dem drohenden Fachkräftemangel in Kliniken entgegenwirken sollen. Ärztinnen und Ärzte würden vor Ort bereits im Umgang mit Robotern geschult. Was wie eine futuristische Vision klingt, passiere "bereits jetzt", sagt Rostalski.

Nach den beiden Direktoren ergriff im Rahmen der Bescheidübergabe Ministerpräsident Günther das Wort. Der 51-Jährige sprach von einer "Herzensangelegenheit" und nannte die Förderung finanziell einen "Kraftakt".

"Sie kennen die Haushaltslage", sagte Günther. Diese sei "nicht übermäßig gut." Dass das Geld aus dem Landesprogramm Wirtschaft dennoch bereitgestellt werde, sei ein Zeichen dafür, dass Lübeck und Kiel über das Thema Medizin verbunden seien.

Lübecker Fraunhofer- Institut bleibt Ziel

Günther erneute zudem seinen Wunsch, dass aus der Lübecker Einrichtung perspektivisch ein Fraunhofer-Institut werde. Ein solches gibt es in Schleswig-Holstein bisher nur in Itzehoe.

Lübeck sei dafür "der perfekte Ort", etwa durch die Anbindung der Medizintechnik an die Wirtschaft, oder die Vernetzung mit den Hochschulen in der Stadt.

Geschäftsführer Buzug bezeichnet ein Lübecker Institut ebenfalls als "Ziel" und sagt mit Blick nach vorne: "Das ist ein Prozess, in dem wir uns auch einem harten Konkurrenzkampf ausgesetzt sehen. Am Ende der Entwicklung wollen wir das Transferzentrum für Medizintechnik in Norddeutschland sein."

Lübecker Nachrichten, Bad Schwartauer Nachrichten (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 11

Rettungsdienst stellt sich neu auf

Mehr Notfall- und Krankentransporte in Ostholstein - ASB mit anderen Aufgaben in der Region aktiv

Der Ausstieg des Arbeiter-Samariter-Bundes beim Rettungsdienst in Heiligenhafen und auf Fehmarn kam für viele überraschend. Der ASB bleibt aber weiter vor Ort vertreten und der Rettungsdienst Holstein hat Pläne für die Zukunft.

Heiligenhafen Gemischte Gefühle hatte Elke Sönnichsen, als der Jahreswechsel und damit der Abschied vom Rettungsdienst näher rückte. Die Geschäftsführerin des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Ostholstein war hin- und hergerissen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollte. Seit 1. Januar ist der Rettungsdienst Holstein (rdh.) für Heiligenhafen und Fehmarn zuständig. Das Echo darauf war groß. "In den meisten Köpfen steckt es einfach drin: Beim Notfall kommt der ASB. Wir waren wirklich überrascht von den vielen Reaktionen aus der Bevölkerung, zum Teil mit Ängsten verbunden, wie es weitergeht", sagt Sönnichsen. Sie möchte beruhigen: "Alle Aufgaben bleiben. Nur der Rettungsdienst ist in neuen Händen."

Diese so wichtige Arbeit hatte der ASB aufgrund von finanziellen Problemen beendet. Es sei schwierig gewesen, den Rettungsdienst abzugeben, sie hätten es nicht unbedingt so gewollt. "Aber", betont die Geschäftsführerin, "wir können jetzt ganz anders rechnen". Das Defizit sei nicht mehr da. "Zwar wird die ambulante Pflege - ein leidiges Thema - nicht ausreichend vom Kostenträger finanziert, der Regionalverband Ostholstein steht aber gut da. Wir kommen zurecht."

Die ehemaligen Mitarbeiter weiß Elke Sönnichsen beim neuen Arbeitgeber in guten Händen. Abseits davon bleibt der ASB weiter mit 70 hauptamtlichen und 104 ehrenamtlichen Kräften in Ostholstein im Einsatz - über den Betriebssanitätsdienst an der Tunnelbaustelle in Puttgarden und der Leitung der Kita "Kunterbunt" in Groß Meinsdorf (Gemeinde Süsel) bis hin zu den vielen ehrenamtlichen Bereichen.

Der rdh. ist auf die Übernahme des Rettungsdienstes gut vorbereitet. Es gibt bereits Pläne für die Zukunft und dies auch schon kurzfristig. "Wir reagieren auf ein erhöhtes Einsatzaufkommen. Da die Anzahl der Notfall- als auch der Krankentransporte steigt, stellen wir zusätzliche Notfallsanitäter ein", erläutert der Rettungsdienstleiter Michael Mallé.

Eine neue Rettungswache entsteht am Klinikum Fehmarn in Burg in Containerbauweise aus 14 hochmodernen und komplett ausgebauten Modulen. Auf insgesamt 404 Quadratmetern ist dann Platz für sechs Personen und drei Fahrzeuge. "Es muss noch ein Fundament gegossen werden. Bis Juni soll die neue Wache stehen und der Umzug erfolgen", sagt rdh. -Pressesprecher Stephan Görtz.

Die alte Wache in der Bürgermeister-Lafrenz-Straße kann der ASB dann für sich nutzen. Vorstellbar wäre, mit der Pflege, dem Katastrophenschutz und der Jugendarbeit dort einzuziehen, sagt Sönnichsen. Bisher werde dafür eine angemietete Immobilie in der Industriestraße genutzt.

In Heiligenhafen mietet der rdh. die Rettungswache an der Tollbrettkoppel an, hat aber auch Interesse, das Gebäude zu kaufen. So wie schon die 2020 neu errichte ASB-Station in Petersdorf auf Fehmarn. Michael Mallé möchte ein weiteres Projekt in diesem Jahr angehen und plant den Einsatz eines Rettungseinsatzfahrzeugs (REF), besetzt mit einem Notfallsanitäter.

"Es gibt lange Wege auf der Insel. Daher macht es dort am meisten Sinn. Das REF entlastet den üblich mit zwei Personen besetzten Rettungswagen", erklärt der Rettungsdienstleiter. In Nordfriesland habe ein Pilotprojekt zur Reduzierung der Notfalleinsätze und der Belastung der Kollegen geführt.

Wie Stephan Görtz mitteilt, müssten außerdem jetzt noch einige Schilder gewechselt, alle Wachen mit dem einheitlichen Schließsystem des rdh. ausgestattet, die Beklebung der Rettungswagen angepasst und die Dienstbekleidung geändert werden.

Geschäftsführerin Elke Sönnichsen und der Vorsitzende des Regionalverbandes, Jörg Bochnik, wollen klarstellen: Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Ostholstein ist unter anderem mit der ambulanten Pflege weiter vor Ort vertreten.
Foto: Markus Billhardt

4. Gesundheitsbranche national

Handelsblatt (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 9

Gesundheit

Sicherheitsbedenken bei Patientenakte

Erste Praxen testen die elektronische Patientenakte. Gravierende Sicherheitslücken sind offenbar nicht geschlossen.

Sie soll Krankenkassen, Versicherten, Ärzten und Apotheken das Leben leichter machen und die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreiben. Doch zum Start der Testphase der elektronischen Patientenakte (ePA) in einigen deutschen Regionen an diesem Mittwoch herrscht weiter große Skepsis, was deren Funktionalität und vor allem den Schutz der sensiblen Patientendaten angeht.

In der ePA werden nach und nach medizinische Daten, Befunde und Untersuchungsergebnisse von Patienten gespeichert, so dass sie für Nutzer jederzeit einsehbar sind und auf Wunsch auch mit behandelnden Ärztinnen und Ärzten geteilt werden können.

Bedenken gegen die Zusammenführung der Gesundheitsdaten von Millionen von Versicherten kommen von verschiedenen Seiten. Ihre Organisation werde genau hinschauen, ob die elektronische Patientenakte reibungslos in den Praxen funktioniere, sagte Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). "Das ist eine Voraussetzung, um einen bundesweiten Rollout zu starten", mahnt die oberste Vertreterin der Kassenärzte.

"Die elektronische Patientenakte ist sicher und macht bessere Behandlung und Forschung möglich", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Doch Zivilgesellschaftliche Organisationen warnen ihn in einem offenen Brief vor Problemen. "Das System darf nicht bundesweit an den Start gehen, bevor Sicherheitslücken geschlossen und Bedenken ausgeräumt sind", heißt es in dem Brief, den unter anderen der Bundesverband der Verbraucherzentrale, der Chaos Computer Club (CCC) und die deutsche Aidshilfe unterzeichnet haben.

Eingeführt wurde die elektronische Akte bereits Anfang 2021. Versicherte konnten die Nutzung bisher auf eigenen Wunsch beantragen. Künftig greift eine sogenannte Opt-out-Lösung. Das heißt, die ePA wird für alle Versicherten bereitgestellt, die nicht aktiv widersprechen. Sie bleibt aber freiwillig. Nach einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom wollen 71 Prozent der Deutschen die ePA künftig nutzen.

Weil es weiter erhebliche Widerstände gibt, hatte Gesundheitsminister Lauterbach den ursprünglich für Mitte Januar geplanten bundesweiten Start verschoben. Stattdessen wird die elektronische Patientenakte nun nur in ausgewählten Testpraxen in Hamburg, in Nordbayern und Teilen Nordrhein-Westfalens erprobt.

Für Schlagzeilen hatte jüngst der Chaos Computer Club gesorgt, der Ende vergangenen Jahres gravierende Sicherheitslücken aufdeckte. Die CCC-Hacker demonstrierten bei ihrem Jahreskongress im Dezember, wie unberechtigte Personen mit wenig Aufwand Zugang zu diesen Daten erhalten können.

Der Fernzugriff auf Massen von Patientenakten sei über unsicher konfigurierte IT gelungen, teilte der CCC anschließend mit und forderte unter anderem eine transparente Kommunikation über Risiken der elektronischen Patientenakte.

Die Nationale Agentur für Digitale Medizin (Gematik), die das Gerüst für digitale Anwendungen im Gesundheitswesen aufbaut, wehrt sich: Zwar betonte die Gematik, dass sie die Sicherheitshinweise des Chaos Computer Clubs ernst nehme, beschwichtigte aber zugleich: "Die vom CCC vorgestellten Angriffsszenarien auf die neue ePA wären technisch möglich gewesen, die praktische Durchführung in der Realität aber nicht sehr wahrscheinlich", heißt es in einer Stellungnahme.

Denn für einen solchen Fernzugriff müssten "verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein". Dazu gehöre beispielsweise, sich illegal den digitalen Zugangsausweis einer Institution zu besorgen, die auf die ePa zugreifen kann, also beispielsweise einer Arztpraxis oder Apotheke.

Dies war dem CCC allerdings ohne großen Aufwand gelungen. Vor dem bundesweiten Rollout der ePA würden "weitere technische Lösungen umgesetzt und abgeschlossen sein", um die Datensicherheit weiter zu verbessern, versichert die Gematik.

Doch die Kritiker bleiben skeptisch: "Was lange währt, wird nicht automatisch gut", sagt Svea Windwehr, Co-Vorsitzende des Vereins D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt, der zu den Mitunterzeichnern des offenen Briefs an Lauterbach gehört.

"Die elektronische Patientenakte ist sicher und macht bessere Behandlung und Forschung möglich. Karl Lauterbach Gesundheits -minister

Zeit, Die (Wochenzeitung) vom 16.01.2025, S. 15

Ungerecht verteilt

Carla Neuhaus über die Kostenexplosion im Gesundheitswesen: "Kassensturz" ZEIT NR. 1

Wenn unser Krankenkassensystem nicht kollabieren soll, sind noch viel tiefgreifendere Reformen nötig. So müsste etwa das Zweiklassensystem der Krankenkassen in eine gesetzliche Grundversicherung für alle mit freiwilligen Zusatzversicherungen überführt werden.

Außerdem müssten die Folgekosten etwa von Sportunfällen und ungesunder Lebensführung herausgelöst werden. Beide Risiken sind nämlich das Ergebnis freier persönlicher Entscheidung. WOLFGANG HECKL, INGOLSTADT Das Gesundheitssystem in Deutschland ist ein Klassensystem, in dem die Menschen mit kleinen und mittleren Gehältern ein Minimum an Versorgung erhalten.

Die gut verdienende Oberschicht bleibt außen vor, denn sie versichert sich privat, zahlt teilweise sogar weniger Beiträge und wird auch noch bevorzugt behandelt. Bei einer Bürgerversicherung für alle wäre schlagartig genug Geld im System, um alle Leistungen angemessen zu bezahlen! HARALD LIEDL, MÜNCHEN

Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen sind verpflichtet, durchschnittlich 17,1 Prozent vom Monatsbrutto an die Kassen abzuführen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich das je zur Hälfte. Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist die Krankenversicherung jedoch beitragsfrei. Gesetzlich versicherte Gutverdiener bleiben ab einem Bruttogehalt von 5.500 Euro verschont.Das ist eine Ungleichbehandlung der gesetzlich Versicherten und sorgt für Einnahmeverluste. WALTER SCHMID, WINTERBACH

Ein Problem ist der Trend zur Teilzeit. Ich würde mir wünschen, dass jemand, der nur 80 Prozent arbeitet (und infolgedessen auch weniger Beitrag bezahlt), das selbst ausgleichen muss, statt die Kosten zu sozialisieren. Gesundheitsvorsorge gehört zu den Lebenshaltungskosten, die Butter wird ja auch nicht billiger, nur weil man weniger arbeitet. Wenn jemand geerbt hat und deshalb weniger Zeit im Job verbringen muss, dann gönne ich ihm das von Herzen. Es ist aber nicht einzusehen, warum die anderen ihm Gesundheitskosten abnehmen sollen.

Und wenn man nun alle Einkommensarten wie auch das Vermögen für die Krankenkassenbeiträge berücksichtigen möchte, dann schafft man eine Art Finanzamt neben dem Finanzamt. Ich finde, dann könnte man die Krankenkassen auch gleich abschaffen und die Beiträge als Steuer einziehen (wie das etwa Großbritannien tut). KARIN KRÄMER, ÄRZTIN, FREIBURG

Ich bin der Überzeugung, dass wir weder einen Ärztemangel (so viele Ärzte wie aktuell gab es in Deutschland noch nie), noch einen Mangel an Terminen haben. Die Ressourcen werden ungerecht verteilt. Patienten gehen zu "meinem Urologen", "meinem Kardiologen", "meinem Neurologen", und das jedes Quartal. In 90 Prozent der Fälle besteht keine medizinische Notwendigkeit für diese unablässige Abfolge von Arztterminen. PRIV. -DOZ. DR. MED. CHARLY GAUL, FRANKFURT/M.

Ich bin der Meinung, dass eine Zentralisierung der gesetzlichen Krankenkassen zu einem erheblichen Einsparungspotenzial führen könnte.Denn 95 Krankenkassen produzieren mit ihrem Verwaltungsapparat immens hohe Kosten. Hier sollte über Fusionen nachgedacht werden. Wir müssen endlich anfangen, richtige Reformen durchzuführen – Beiträge zu erhöhen, ist in der jetzigen wirtschaftlichen Situation überhaupt nicht angesagt.

MONIKA BRAUN, BERLIN

Frankfurter Allgemeine Zeitung (Tageszeitung) vom 16.01.2025, S. 3

Schutz für Kliniken

EU-Kommission stellt erste Initiativen vor

Es war nicht ohne Ironie, dass die erste politische Initiative der EU-Kommission in diesem Jahr ausgerechnet Krankenhäuser betraf. Am Mittwoch wurde ein Aktionsplan vorgestellt, der deren Schutz vor Cyberangriffen verbessern soll – ein großes Problem, gerade auch in Deutschland. Das war eine von sieben Initiativen, welche Ursula von der Leyen als Priorität für die ersten hundert Tage ihrer zweiten Amtszeit ausgegeben hat. Die Kommissionssitzung, in welcher der Plan beschlossen wurde, leitete jedoch nicht sie, sondern ihre Stellvertreterin Teresa Ribera. Von der Leyen erholt sich weiter von der schweren Lungenentzündung, die bei ihr Anfang des Jahres diagnostiziert worden war. Inzwischen kam heraus: Sie musste deshalb selbst eine Woche lang im Krankenhaus behandelt werden.

Ihre Sprecherin in Brüssel hatte versucht, diesen Sachverhalt zu verschleiern. Von der Leyen nehme ihre Amtsgeschäfte "von Hannover aus" wahr, hieß es zunächst. Das wurde in Brüssel so verstanden, als genese sie daheim, in einem kleinen Dorf nahe der niedersächsischen Landeshauptstadt. Als die Sprecherin explizit gefragt wurde, ob die Präsidentin im Krankenhaus behandelt werde, antwortete sie lediglich, es gebe dazu "nichts Neues". Das stimmte, allerdings in einem anderen Sinn: Von der Leyen lag nämlich in der Universitätsklinik zur Behandlung, wenn auch nicht auf der Intensivstation. Vor allem angelsächsische Berichterstatter empörten sich über diese "Lüge". Dabei ging etwas unter, dass von der Leyen anders als der US-Präsident nur über ein Heer von Beamten gebietet, nicht aber über eine Armee und Atomwaffen. Ende der Woche will sie, die am Freitag nach Hause entlassen wurde, ihre Amtsgeschäfte wieder aufnehmen.

Als ausgebildete Ärztin, die jahrelang an der Medizinischen Hochschule Hannover arbeitete, dort forschte und promovierte, bevor sie 2003 in die Politik wechselte, dürfte von der Leyen mit den Sicherheitsproblemen im Gesundheitssektor besser vertraut sein als viele andere. Tatsächlich gab es dort in den vergangenen vier Jahren mehr Cyberangriffe als in jedem anderen Bereich von Dienstleistungen und Industrie, wie die Kommission am Mittwoch darlegte. Gut die Hälfte dieser Angriffe wurde mit Ransomware unternommen – einer Software, die Daten der Opfer kapert, verschlüsselt und erst gegen Zahlung eines "Lösegelds" wieder freigibt. Oft werden dann auch noch vertrauliche Gesundheitsdaten exfiltriert, um Geld von Einzelpersonen zu erpressen. Das ist ein lukratives Geschäft, im Schnitt verursacht jeder solche Fall Schäden in Höhe von acht Millionen Euro.

Die Folgen können sogar tödlich sein, wie ein Angriff mit Ransomware auf die Universitätsklinik Düsseldorf 2020 vor Augen führte. Seinerzeit fiel die IT der Notfallversorgung aus, die Intensivstation musste für zwei Wochen geschlossen werden. Eine Patientin, die dort eingeliefert werden sollte und dann nach Wuppertal umgeleitet wurde, starb. Ob sie andernfalls hätte gerettet werden können, blieb ungeklärt. Nachdem die Polizei die Hacker auf die Folgen ihrer Tat hinwies, gaben diese den Schlüssel freiwillig heraus. In den meisten Fällen zahlen Krankenhäuser aber lieber schnell Geld, als das Leben ihrer Patienten zu gefährden. Das macht sie für kriminelle Netzwerke zu lukrativen Opfern.

Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi wollte am Mittwoch keine Empfehlung aussprechen, von solchen Zahlungen abzusehen, riet den Anbietern aber: "Investieren Sie mehr in ihre Cybersicherheit!" Es reiche nicht, nur Wachleute für den physischen Schutz von Gebäuden zu beschäftigen, Krankenhäuser etwa müssten genauso viel für die Sicherheit ihrer IT-Systeme ausgeben wie für ihre medizinische Ausstattung. Von der EU dürfen sie sich zwar kein Geld erwarten, wohl aber logistische Unterstützung. In der Behörde für Cybersicherheit mit Sitz in Athen soll dafür ein Zentrum eingerichtet werden – das ist der Kern des Aktionsplans. Es wird Gesundheitsanbietern Tipps für den besseren Schutz ihrer IT geben, sie vor Angriffen warnen und besser untereinander vernetzen. Hilfe soll es auch bei der Entschlüsselung von Daten geben, die mit Ransomware gesperrt wurden. Die Polizeibehörde Europol bietet dafür schon jetzt allerlei Werkzeuge an.

Wenn Gesundheitsanbieter sich trotzdem genötigt sehen, auf Erpresser einzugehen, sollen sie dies künftig wenigstens melden. Es gehe darum, die Geldströme, Geschäftspraktiken und Schwachstellen besser zu verstehen, erläuterte eine EU-Beamtin. Allerdings kann die Kommission nur dazu aufrufen, eine Berichtspflicht müssten nationale Gesetzgeber einführen.

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