Rubrik im PS: | Gesundheitsbranche national |
Auflage: | 617.244 |
Reichweite: | 1.928.963 |
Ressort: | Leserbriefe |
Quellrubrik: | Leserbriefe |
Ungerecht verteilt
Carla Neuhaus über die Kostenexplosion im Gesundheitswesen: "Kassensturz" ZEIT NR. 1
Wenn unser Krankenkassensystem nicht kollabieren soll, sind noch viel tiefgreifendere Reformen nötig. So müsste etwa das Zweiklassensystem der Krankenkassen in eine gesetzliche Grundversicherung für alle mit freiwilligen Zusatzversicherungen überführt werden.
Außerdem müssten die Folgekosten etwa von Sportunfällen und ungesunder Lebensführung herausgelöst werden. Beide Risiken sind nämlich das Ergebnis freier persönlicher Entscheidung. WOLFGANG HECKL, INGOLSTADT Das Gesundheitssystem in Deutschland ist ein Klassensystem, in dem die Menschen mit kleinen und mittleren Gehältern ein Minimum an Versorgung erhalten.
Die gut verdienende Oberschicht bleibt außen vor, denn sie versichert sich privat, zahlt teilweise sogar weniger Beiträge und wird auch noch bevorzugt behandelt. Bei einer Bürgerversicherung für alle wäre schlagartig genug Geld im System, um alle Leistungen angemessen zu bezahlen! HARALD LIEDL, MÜNCHEN
Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen sind verpflichtet, durchschnittlich 17,1 Prozent vom Monatsbrutto an die Kassen abzuführen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich das je zur Hälfte. Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist die Krankenversicherung jedoch beitragsfrei. Gesetzlich versicherte Gutverdiener bleiben ab einem Bruttogehalt von 5.500 Euro verschont.Das ist eine Ungleichbehandlung der gesetzlich Versicherten und sorgt für Einnahmeverluste. WALTER SCHMID, WINTERBACH
Ein Problem ist der Trend zur Teilzeit. Ich würde mir wünschen, dass jemand, der nur 80 Prozent arbeitet (und infolgedessen auch weniger Beitrag bezahlt), das selbst ausgleichen muss, statt die Kosten zu sozialisieren. Gesundheitsvorsorge gehört zu den Lebenshaltungskosten, die Butter wird ja auch nicht billiger, nur weil man weniger arbeitet. Wenn jemand geerbt hat und deshalb weniger Zeit im Job verbringen muss, dann gönne ich ihm das von Herzen. Es ist aber nicht einzusehen, warum die anderen ihm Gesundheitskosten abnehmen sollen.
Und wenn man nun alle Einkommensarten wie auch das Vermögen für die Krankenkassenbeiträge berücksichtigen möchte, dann schafft man eine Art Finanzamt neben dem Finanzamt. Ich finde, dann könnte man die Krankenkassen auch gleich abschaffen und die Beiträge als Steuer einziehen (wie das etwa Großbritannien tut). KARIN KRÄMER, ÄRZTIN, FREIBURG
Ich bin der Überzeugung, dass wir weder einen Ärztemangel (so viele Ärzte wie aktuell gab es in Deutschland noch nie), noch einen Mangel an Terminen haben. Die Ressourcen werden ungerecht verteilt. Patienten gehen zu "meinem Urologen", "meinem Kardiologen", "meinem Neurologen", und das jedes Quartal. In 90 Prozent der Fälle besteht keine medizinische Notwendigkeit für diese unablässige Abfolge von Arztterminen. PRIV. -DOZ. DR. MED. CHARLY GAUL, FRANKFURT/M.
Ich bin der Meinung, dass eine Zentralisierung der gesetzlichen Krankenkassen zu einem erheblichen Einsparungspotenzial führen könnte.Denn 95 Krankenkassen produzieren mit ihrem Verwaltungsapparat immens hohe Kosten. Hier sollte über Fusionen nachgedacht werden. Wir müssen endlich anfangen, richtige Reformen durchzuführen – Beiträge zu erhöhen, ist in der jetzigen wirtschaftlichen Situation überhaupt nicht angesagt.
MONIKA BRAUN, BERLIN